Demo zur Innenministerkonferenz in Hamburg
die Bleiberechtsregelung für Jugendliche können nur wenige in Anspruch nehmen
alle bleiben! Proteste und Aktionen gehen weiter
19.11.2010
Am 17.11.2010 gingen in Hamburg bis zu 3000 Menschen auf die Straße, um gegen Abschiebungen und rassistische Gesetze zu demonstrieren. In 13 weiteren Städten gab es parallel eine alle bleiben! Luftballonaktionen für das Bleiberecht von Roma in Deutschland. Am Folgetag wurde dann Lothar de Maizière während der JoG-Gala zum Abschiebeminister des Jahres gewählt. Sein Preis war ein Koffer, gefüllt mit alle bleiben! Postkarten und einem Apell. Der Koffer konnte einem Vertreter von de Maizière übergeben werden.
Die von den Innenministern auf der Konferenz beschlossene Regelung betrifft nur Jugendliche, bei denen ein Schulabschluss zu erwarten ist, im Alter zwischen 15 und 18 Jahren, die schon seit sechs Jahren in Deutschland zur Schule gehen. Jüngere Kinder oder Jugendliche, die noch keine vollen sechs Jahre in deutschen Schulen nachweisen können sind von vorneherein von der Regelung ausgeschlossen. Nur etwa 4500 der 86000 Geduldeten erfüllen die engen Voraussetzungen, wobei bei jedem Fall noch zu prüfen ist, ob die Schulleitungen auch ausreichen. So liegt auf den Kindern der enorme druck, durch ihre Schulleistungen für das Schicksal ihrer Familie verantwortlich zu sein. Ansonsten gut integrierte Kinder, die aufgrund von Lernschwierigkeiten schlechte Noten schreiben, droht die Abschiebung mit der ganzen Familie. Menschen werden ohne ihre individuelle Lebenssituation zu betrachten nach ihrer vorrausichtlichen Wirtschaftlichkeit selektiert.
Hinzu kommt, dass mit der Vollendung des 18. Lebensjahres den Eltern wieder Abschiebung droht. Die Kinder dürfen bleiben aber ihre Eltern nicht ohne weiteres. Weiterhin sollen sie abgeschoben werden, auch wenn sie alt oder krank sind und der Unterstützung ihres Kindes bedürfen.
Wir fordern ein Bleiberecht, das den langjährig hier lebenden Flüchtlingen endlich ein Leben ohne Angst und die uneingeschränkte Teilhabe in der Gesellschaft ermöglicht. Daher müssen unsere Proteste und die Aufklärung der Bevölkerung weiter gehen, bis unser Ziel erreicht ist: alle bleiben!
Weitere Informationen unter:
- Die Regionalgruppe Rurgebiet von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste beteiligt dich an Luftballonaktion und stärkt die Forderung „alle bleiben – Keine Abschiebung von Roma aus Deutschland.“
- IMK Beschlussniederschrift
- Zusammenfassung
- Beschlüsse der Innenministerkonferenz
- Thomas de Maizière zum Abschiebeminister 2010 gewählt
- Auszeichnung durch junge Flüchtlinge Abschiebeminister de Maizière
- Enttäuschende Ergebnisse der IMK zum Bleiberecht
- Schünemann: Kehrtwende in Ausländerpolitik?
- Innenminister streben Weiterentwicklung des Ausländerrechts an
- Konferenz der Innenminister in Hamburg: Der Flüchtlingsrat Berlin fordert großzügiges Bleiberecht für Flüchtlinge statt Selektion nach Nützlichkeitskriterien
- Flüchtlings- und Jugendorganisationen fordern eine großzügige Bleiberechtsregelung ohne Stichtag – Kritik an Schünemanns Bleiberecht nach Noten: Gegen das Leitbild des homo profitabilis
- Innenminister treiben soziale Spaltung voran
- Neues Bleiberecht hilft integrierten jungen Ausländern
- IMK-Herbsttagung: LINKE kritisiert Schritt zurück im Ausländerrecht
- alle bleiben! Pressemitteilung zur IMK
- Einladung Pressekonferenz von JOG, PRO ASYL und B-UMF zur Innenministerkonferenz: Bleiberecht statt Abschiebung
Statistik
Statistik Bund (Stand 31.05.2010, Quelle BT-Drucksache 17/2269):
Duldungen Bundesgebiet insgesamt: 87.222
davon mit Aufenthalt > 6 Jahre: 55.714 (63,9% aller Duldungen)
davon im Alter von unter 18 Jahren: 23.931 (27,4 % aller Geduldeten)
Duldungen NDS insgesamt: 12.300
davon mit Aufenthalt > 6 Jahre: 9.023 (73,4% aller Duldungen)
davon im Alter von unter 18 Jahren: 4.516 (36,7% aller Geduldeten)
im Alter von 14 – 18 Jahre: …1.152 (Stand 31.01.2010 BT-Drucksache 17/1003)
Geschätzer Stand 31.05.2010. 1.100 (9% aller Geduldeten)
Begünstigte Jugendliche mit sechsjährigem Aufenthalt: Ca. 700
Bemerkung Niedersachsen hat einen überproportionalen Anteil an minderjährigen Geduldeten (36,7% gegenüber 27,4% im Bundesgebiet). Ebenso hat Niedersachsen einen überproportionalen Teil an Geduldeten, die sich mehr als sechs Jahre im Bundesgebiet aufhalten (73,4% gegenüber 63,9% im Bundesgebiet.